Gießen,

Vom Fernmelde- zum Fachzug: Eine THW-Geschichte in Orange, Blau und Weiß

Die Fachgruppe Führung/Kommunikation hat eine besondere Funktion im THW. Jetzt wird sie zu einem Fachzug. Es ist nicht das erste Mal, dass sich etwas ändert. Unser Leiter FK Oliver Jäger blickt zurück – und nach vorn.
Es ist immer etwas zu organisieren: Der Einheitsführer Oliver Jäger (rechts) vor den Fahrzeugen der Fachgruppe

Es ist immer etwas zu organisieren: Der Einheitsführer Oliver Jäger (rechts) vor den Fahrzeugen der Fachgruppe

Es war 2000. Wir Wehrersatzdienstleistende hatten grade unsere Grundausbildung bestanden. Damals dauerte diese noch knapp ein Jahr. Mein Ausbildungsbeauftragter drückte jedem Neuhelfer eine Urkunde in die Hand. Hierauf wurde bescheinigt, dass man jetzt THW-Helfer sei. Außerdem wurde man mit diesem Schreiben einer Einheit zugewiesen. Fachgruppe FK stand da drauf. Die Kameraden – es waren damals nur Männer – begrüßten mich direkt mit: „Willkommen in der FüKom!“

Keine blauen Autos? Und: Wofür steht den das „K“?

Ich hatte während der Ausbildung viel von der "Bergung 1", "GKW 2" und "Wassergefahren" gehört. Aber nie bewusst etwas von "FüKom" oder "FK". Was war das? Was machen die? Und warum sind deren Autos Orange? In den nächsten Monaten kam ein wenig Licht ins Dunkle. Das „K“ stand für Kommunikation. Ob Feldtelefone oder auch Funk: Anscheinend waren wir dafür zuständig, dass man im Einsatz kommunizieren konnte. Per Feldkabel haben wir Veranstaltungen mit Feldtelefonen, wie man sie aus alten Kriegsfilmen kennt, vernetzt, mit Relaisschaltungen Funkkreise vergrößert und viel, sehr viel, an unseren Autos herausgeschraubt.

Das restliche THW hatte große blaue GKW. Wir kleine orange 5,5t-Mercedes auf die man gefühlt jeden zweiten Dienst eine neue Antenne bauen musste. Die orangenen Autos waren die Überbleibsel des alten Fernmeldezuges aus dem dann Mitte der 90er die Fachgruppen FK hervorgingen. Je mehr ich mich damit beschäftigte umso seltsamer wurde es. Wir waren eine Gruppe gehörten aber zu keinem Zug. Stattdessen hatten wir fünf Zugführerinnen und Zugführer in der Gruppe. Die hatte ich jedoch zuvor noch nie bewusst gesehen.

Hochwasser an der Elbe: Wer koordiniert das eigentlich?

Die Aufklärung kam dann plötzlich im Jahr 2002: Elbhochwasser! Zunächst machten wir eine Woche unseren geübten Job. Verkabeln und Vernetzen in Torgau. Das war schon eine große Sache. Ich kleiner Helfer saß plötzlich in einem Riesentrubel von hunderten THW-Kräften, die Deiche hochzogen, Orte evakuierten, die Bevölkerung verpflegten und vieles mehr. Wer koordiniert das eigentlich?

Die Antwort kam eine Woche später. Wir wurden nach Wittenberg geschickt. Ich saß im Vortrupp. Und plötzlich war ich umgeben von den oben erwähnten Zugführern aus halb Mittelhessen. Unser Einsatzauftrag war es eine Technische Einsatzleitung zu übernehmen. Plötzlich wurde klar, wofür das „F“ in FK steht: Führung. Eine Einheit, die aus einem Fernmeldezug hervorgegangen ist, musste plötzlich die Führung von grob 1.000 THW-Kräften übernehmen.

Plötzlich waren wir verantwortlich. Ein oranges Auto wurde als Fernmeldebetriebsstelle eingesetzt. Die anderen wurden ausgeladen und mit Zusatzmaterial eine Führungsstelle in eine Fahrzeughalle in Wittenberg gebaut. Wir haben damals viel improvisiert. Wir waren auch ein tolles Team und haben auch dank Unterstützung von der Feuerwehr und des DRK gute Arbeit geleistet. Ideal war so eine Führungsstelle jedoch nicht.

Aus heutiger Sicht ist es fast schon ein wenig heiter, dass das THW damals uns den Prototypen des ersten FüKomKW präsentiert und ihn bei uns in der Führungsstelle bzw. Fahrzeughalle parkte. Diese sollte später einen Teil der „neuen“ THW Führungsstellen ausmachen. Und es war auch kein oranges Fahrzeug mehr. Diesmal war es weiß.

Größer? Digitaler? Anders? Der neue Fachzug FK kommt.

Heute weiß ich, dass die Führungsstelle des THW weiß sein soll, damit man sie unter dem vielen Blau erkennt. In dem Einsatz haben wir alle sehr viel gelernt. Für mich persönlich war entscheidend, plötzlich erkannt zu haben, dass wir ein „F“ und ein „K“ sind.

Im Laufe der Jahre änderte sich stetig etwas. Vor elf Jahren bin ich dann zum Leiter der Fachgruppe berufen worden. Ein oranges Auto nach dem anderen wurde ersetzt. Mal durch ein blaues (Fernmeldekraftwagen), mal durch ein weißes (Führungskraftwagen) und mal durch einen Anhänger (Führungs- und Lageanhänger). Feldfernsprecher wichen moderneren Feldtelefonen; 2- und 4m-Funk wurden durch den neuen TETRA-Digitalfunk verdrängt. Telefonvermittlungen mit Steckern wichen ISDN und dies dann DSL, VoIP und LTE.

Nicht nur Technik ist gekommen und gegangen. Viele Kameradinnen und Kameraden, mit denen man mal Jahre oder auch Jahrzehnte zusammen verbracht hat, sind heute aus verschiedensten Gründen nicht mehr dabei. Ein Wegfall der Wehrpflicht hat auch hierzu beigetragen.

Und nun zum 1. Juli 2021 geht die Fachgruppe FK einen neuen Schritt. Wir werden ein Zug. Ein sogenannter Fachzug. Wir werden personell aufgestockt.Auch neue Fahrzeuge und Technik sollen das bestehende Material ergänzen. Auch wir werden immer mehr digitalisiert. Hinzu kommen auch neue Aufgaben. Meine Truppführer werden Gruppenführer. Ich selber Zugführer. Die nächsten Monate werden eine spannende Zeit.


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